Insolvenzrecht: Anzahlungen in der Insolvenz des Händlers
Das Risiko des Totalverlustes von Anzahlungen in der Insolvenz des Händlers. Möglichkeiten der Absicherung von Kundenanzahlungen.
Kunden, die Anzahlungen gegenüber einem Händler für eine Bestellung, z.B. bei einem Möbelhaus bezahlt haben, trifft es in der Insolvenz des Händlers dann besonders hart, wenn die Bestellung oder der Auftrag nicht mehr geliefert bzw. ausgeführt werden kann. Häufig ist die Anzahlung im Falle der Insolvenz des Händlers ganz weg. Die Kunden sind sich häufig dabei nicht darüber im Klaren, dass sie mit einer Anzahlung dieses Risiko eingegangen sind.
Eine gesetzliche Verpflichtung vor Erhalt der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung eine Zahlung zu leisten besteht nicht. Hintergrund einer Anzahlung ist in der Praxis, dass Händler sich zum einen davor schützen wollen, dass sie auf der extra bestellten oder angefertigten Ware sitzen bleiben, wenn der Kunde diese nicht abnimmt. Die Ware ist z.B. nicht oder nur mit einem erheblichen Abschlag anderweitig zu verkaufen, weshalb Händler entsprechende Sicherheiten in Form von Anzahlungen verlangen, die dann vertraglich bei der Bestellung vereinbart werden. Dabei geht es oftmals nicht mehr darum, ob eine Anzahlung geleistet wird, sondern nur noch in welcher Höhe. Eine Anzahlung wird von Händlern aber auch zur Entlastung der eigenen Liquidität gefordert. Im Sinne des Kunden ist dies jedenfalls dann akzeptabel, wenn mit der Anzahlung etwa der Lieferant des Händlers gezahlt wird, was aber nicht in allen Fällen zugeordnet werden kann.
Anzahlungen sind insbesondere beim Kauf von Möbeln und Küchen, aber auch bei Fahrzeugen marktüblich. Rechtlich gesehen wird mit der Anzahlung ein zinsloses Darlehen ohne Sicherheit durch den Kunden gewährt. Damit wird das Bonitätsrisiko für die Rückzahlung oder Verrechnung des Darlehens teilweise auf den Kunden abgewälzt. Dies kann in der Insolvenz des Händlers dann allerdings den Totalausfall des Darlehens bedeuten. Der Insolvenzverwalter wird den Kunden allenfalls auf eine Quote verweisen, die in der Regel einen Bruchteil der Anzahlung ausmacht.
Für den Kunden ist es daher ratsam, entweder gar keine Anzahlung zu leisten oder die Anzahlung so gering wie möglich zu halten. Als Faustregel sind 20 – 25% normal, bei teureren Bestellungen und Spezialanfertigungen sind ca. 30%, gängig.
Wie aber kann die Anzahlung und damit das Bonitätsrisiko bei einer Insolvenz des Händlers abgesichert werden?
1. Absicherung durch Anzahlungsbürgschaften
Eine Möglichkeit der Absicherung besteht im Abschluss einer Anzahlungsbürgschaft. Sollte der Händler nicht in der Lage sein, den Auftrag zu Ende zu führen (z.B. aufgrund seiner Insolvenz), zahlt der Bürge die geleistete Anzahlung an den Auftraggeber zurück.
Händler und Kunde schließen hierfür einen Vertrag ab, in dem die Vereinbarung über eine Anzahlung sowie deren Absicherung mittels einer Anzahlungsbürgschaft schriftlich festgehalten wird. Der Händler fordert die entsprechende Bürgschaftsurkunde bei dem Bürgen an. Als Bürge stehen dabei sowohl Kreditinstitute, als auch Versicherungsunternehmen zur Auswahl. Sobald der Kunde die Bürgschaftsurkunde bzw. den Versicherungsschein erhalten hat, sollte er die vereinbarte Anzahlung an den Händler erbringen. Gerät der Händler in Insolvenz, tritt der Bürge bzw. die Versicherung für die verlorene Anzahlung ein. Nur wenn die vereinbarte Lieferung an den Kunden endgültig erfolgt oder die Leistung erbracht ist und damit der Anspruch auf Zahlung entsteht, endet das Risiko für den Kunden. Dann kann der Kunde die Bürgschaftsurkunde bzw. den Versicherungsschein wieder zurückgeben, in der Regel an den Händler.
Für die Absicherung durch eine Bürgschaft muss der Händler jedoch einen Versicherungsbeitrag bzw. einen Avalzins leisten, den er versuchen wird auf den Kunden abzuwälzen. Da die Anzahlung in seinem Interesse liegt, sollte er auch die Kosten tragen. In der Regel lohnt sich diese Vorgehensweise wegen der Kosten nur bei größeren Beträgen. Eine alternative zu Anzahlungsbürgschaften bilden Treuhandkonten.
2. Absicherung durch Treuhandkonten
Gerade im Falle einer Insolvenz muss das auf einem besonderen Treuhandkonto befindliche Guthaben aus der Insolvenzmasse ausgesondert, also herausgegeben werden.
Deshalb könnte diese Möglichkeit auch hier angewendet werden und die Anzahlung auf ein besonderes Treuhandkonto bei dem Händler oder einem externen Treuhänder eingezahlt werden.
a) Vom Händler geführtes „Treuhandkonto“
Der Händler könnte für jeden Kunden ein „Treuhandkonto“ – separat von den übrigen Geschäftskonten des Händlers – für jede Anzahlung pro Kunden führen. Ein solches Treuhandkonto ist allerdings nur dann „insolvenzsicher“, wenn gleichzeitig eine Sicherungsabrede zwischen Kunde und Händler vereinbart wird und der Händler den Anzahlungsbetrag auf dem Treuhandkonto dem Kunden zur Sicherung abtritt. Diese Sicherungsabrede könnte auch in den Vertrag der Bestellung der Ware aufgenommen werden.
Anzahlung von Kunden auf einem solchen Treuhandkonto, wären folglich in der Insolvenz des Händlers aussonderungsberechtigt und würden nicht in die Insolvenzmasse fallen. Für den Händler bedeutet dies jedoch auch ein größerer Aufwand, wenn er mehrere Konten für Kunden führen muss. Auch wäre dieses Geld grundsätzlich nicht für die Liquidität des Händlers verfügbar.
b) Treuhandkonto mit einem externen Treuhänder
Wird das Treuhandkonto von einem externen Dritten geführt, kann der Händler keine Auszahlung der Anzahlung verlangen, solange dem Treuhänder die Bedingungen für eine Auszahlung nicht nachgewiesen sind. Im Regelfall muss der Händler nachweisen, dass die Bestellung oder der Auftrag vertragsgemäß geliefert bzw. ausgeführt wurde.
Für den Händler besteht damit das Risiko, dass sich die Auszahlung zeitlich verzögert – erst nach erbrachter Leistung –, oder im schlimmsten Fall erst nach einem langwierigen Rechtsstreit über die Abnahme oder der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen. Zudem muss für jeden Kunden ein separater Treuhandvertrag mit einem Treuhänder und dem Händler geschlossen werden, wodurch sich die externe Treuhandlösung als komplex, aufwendig, teuer und nicht ohne Risiko für den Händler darstellt.
3. Fazit
Als Kunde sollte man sich bewusst sein, dass eine Anzahlung eine Vorleistung ist, bei der man das Bonitätsrisiko des Händlers trägt. Im Alltag kann man das Risiko beschränken, wenn man – möchte man unbedingt mit einem bestimmten Händler ins Geschäft kommen – die Höhe der Anzahlung überschaubar hält. Dies dürfte bei kleineren Beträgen vertretbar sein. Sollte der Händler auf eine höhere Anzahlung bestehen oder sollte es sich schon um einen höheren Betrag handeln, so sollte man den Händler darauf ansprechen, wie der Rückforderungsanspruch abgesichert ist. Diese Absicherung kann eine Anzahlungsbürgschaft oder ein separates Kundenkonto sein.
Ist es jedoch dazu gekommen, dass über das Vermögen des Händler das Insolvenz eröffnet worden ist und eine hohe Anzahlung geleistet wurde, kann es sich lohnen, sich anwaltlich beraten und anwaltlich prüfen zu lassen, ob dennoch eine Lieferung oder Ausführung erfolgen kann.
Gerne stehen unsere insolvenzrechtlichen Experten Ihnen bei sämtlichen Fragen zum Thema Insolvenz und Sanierung zur Verfügung – zögern Sie nicht, uns bei einschlägigen Rückfragen zu kontaktieren.