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Kein höherer Freibetrag für Enkel trotz Erbverzicht

Nina Lenz-Brendel
18. November 2024
Kein höherer Freibetrag für Enkel trotz Erbverzicht

Die Erbschaftsteuer ist ein komplexes Thema, das oft für Verwirrung sorgt. Sie stellt viele Erben vor Herausforderungen, vor allem wenn es um die Frage geht, welcher Freibetrag ihnen zusteht. Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) verdeutlicht, wie wichtig es ist, die gesetzlichen Regelungen genau zu kennen. Die Entscheidung zeigt auch, dass steuerliche Regelungen nicht immer so flexibel sind, wie es sich manche Erben wünschen.

Was war passiert?

Im Mittelpunkt des Urteils des BFH vom 31. Juli 2023 (Az. II R 13/22) stand ein Enkel, der seinen verstorbenen Großvater im Wege der gesetzlichen Erbfolge beerbt hatte. Er beanspruchte für sich einen Erbschaftsteuerfreibetrag von 400.000 Euro.

Dieser Freibetrag steht grundsätzlich nur den Kindern des Erblassers zu. Enkel können den Freibetrag nur dann in Anspruch nehmen, wenn ihre Eltern zum Zeitpunkt des Erbfalls der Großeltern bereits vorverstorben sind. In dem vom BFH entschiedenen Fall lebte der Vater des Enkels noch. Allerdings hatte er in notarieller Urkunde auf sein Erbrecht verzichtet.

Der Enkel berief sich auf eine Regelung im Erbschaftsteuergesetz (ErbStG), nach der Enkelkinder, deren Eltern vorverstorben sind, den gleichen Freibetrag wie Kinder erhalten können. Er argumentierte, dass sein Vater zivilrechtlich als verstorben gelte und ihm daher der höhere Freibetrag zustehe.

Das Finanzamt gewährte dem Enkel jedoch nur einen Freibetrag von 200.000 Euro.

Was hat der BFH entschieden?

Der BFH bestätigte die Entscheidung.

Laut BFH ist der Wortlaut des Erbschaftsteuerrechts eindeutig:

Der höhere Freibetrag von 400.000 Euro steht nur den „Kindern verstorbener Kinder“ zu, also den Enkeln, deren Eltern tatsächlich verstorben sind.

Der BFH stellte klar, dass der Verzicht eines Erben auf sein gesetzliches Erbrecht ihn steuerrechtlich nicht einem Verstorbenen gleichstelle. Insbesondere könne auch ein Kind, das auf sein gesetzliches Erbrecht vertraglich verzichtet hat, gewillkürter Erbe werden und als solcher seinen Freibetrag von 400.000 Euro in Anspruch nehmen. Deshalb sei es nicht gerechtfertigt, dem Enkel einen höheren Freibetrag zu gewähren.

Wonach richtet sich die Höhe der Erbschaftsteuer?

Die Erbschaftssteuer wird auf den Wert des Vermögens erhoben, das eine Person nach dem Tod eines Verwandten oder einer anderen Person erhält. Die Höhe der Steuer hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter der Verwandtschaftsgrad zum Erblasser und der Wert des geerbten Vermögens. Bis zur Höhe des sog. Freibetrages muss keine Erbschaftssteuer gezahlt werden. Die Freibeträge variieren je nach Verwandtschaftsgrad. Die aktuellen Freibeträge stellen sich gemäß § 16 Abs. 1 ErbStG wie folgt dar:

  1. Ehepartner und eingetragene Lebenspartner: 500.000 Euro
  2. Kinder: 400.000 Euro
  3. Enkel: 200.000 Euro
  4. Eltern und Großeltern: 100.000 Euro
  5. Geschwister, Nichten, Neffen und andere entfernte Verwandte: 20.000 Euro

Der Verwandtschaftsgrad zum Erblasser entscheidet weiter darüber, in welche Steuerklasse ein Erbe fällt. Man unterscheidet gemäß § 15 ErbStG drei Steuerklassen. Zur Steuerklasse I gehören Ehepartner, Kinder, Enkel; zur Steuerklasse II Geschwister, Nichten, Neffen, Schwiegerkinder und Schwiegereltern. Alle übrigen Erben fallen in die Steuerklasse III. Die Steuersätze variieren je nach Steuerklasse und dem Wert des geerbten Vermögens. Sie reichen von 7 bis Prozent.

Fazit:

Der Fall des Enkels zeigt, wie wichtig es ist, die genauen gesetzlichen Bestimmungen zur Erbschaftssteuer zu kennen. Es lohnt sich, im Zweifelsfall rechtlichen Rat einzuholen, um Missverständnisse und mögliche finanzielle Nachteile zu vermeiden.

Gerne unterstützen wir Sie mit unserer Expertise bei sämtlichen Fragen zum Thema Erbrecht.

Ein Beitrag von Rechtsanwältin Nina Lenz-Brendel, Fachanwältin für Erbrecht und Wirtschaftsmediatorin